"Aufrüstung allein sorgt nicht für Frieden": Friedensforscherin Fenkart in der "ZiB 2"

Veröffentlicht in Der Standard am 10. März 2025

Das Aufrüsten der EU, Trumps Drohungen, Putins neue Angriffe und die eskalierende Gewalt in Syrien beherrschen seit Tagen und Wochen die Berichterstattung. Gut, dass in der ZiB 2 am Sonntag eine andere Perspektive im Mittelpunkt stand. Nämlich jene einer Friedensforscherin. Stephanie Fenkart ist Direktorin des Internationalen Instituts für Frieden. 800 Milliarden Euro will die EU in Aufrüstung investieren – kann das Frieden bringen?

Die EU müsse in der Lage sein, sich selbst zu verteidigen, sagt Fenkart. Aber eine Aufrüstung alleine werde nicht für Frieden sorgen. "Der große Riss in diesen transatlantischen Beziehungen ist wahrscheinlich auch nicht mehr zu kitten", ist Fenkart da nicht sehr positiv. Notwendig sei eine geopolitische, gemeinsame europäische Strategie. Aber ist dafür noch Zeit? Das will Moderatorin Laufer wissen, derzeit scheine ja die Kriegslogik vorzuherrschen. Fenkart sieht das ein wenig anders, "wir haben sehr wohl noch Zeit", sagt die Friedensforscherin. Auch Russland würde momentan feststecken, "es ist ein Abnutzungskrieg".

Die Schwäche der EU

Frieden bestehe aus vielen unterschiedlichen Komponenten und sei nicht nur über die Ukraine zu verhandeln, sondern gemeinsam mit der Ukraine. Fenkart erwartet hier einen "langen Prozess, von dem wir aber leider noch relativ weit entfernt sind". Es gebe hier keine gemeinsame, gesamteuropäische Strategie. "Das war natürlich einerseits die große Schwäche, auch der EU", so Fenkart. Es sei aber auch die Chance verpasst worden, andere Länder des sogenannten Globalen Südens miteinzubeziehen.

Müssen wir uns von internationalen Allianzen, die wir bisher kannten, verabschieden? Fenkart will hier "der Realität ins Auge blicken", sie erwähnt Trump und seine "America First"-Strategie. Amerikanische Interessen seien nicht in Europa oder der Ukraine zu finden, sie würden sich in Zukunft gegenüber China richten. "Es braucht vor allem auch eine europäische Leadership und die ist momentan immer noch schwach ausgeprägt", so Fenkart. "Weil wir leider mit 27 Nationalstaaten, 27 nationalen Interessen hier sehr handlungsunfähig sind."

"Syrer und Syrerinnen wollen wirklich Frieden"

Ob in Syrien ein neuer Bürgerkrieg droht, könne man aus heutiger Sicht nicht genau sagen. "Die Gefahr ist auf jeden Fall da", sagt Fenkart und spricht von einer sehr unübersichtlichen Lage. Und was bedeutet diese Lage für das Vertrauen, um das die Übergangsregierung geworben hat? Präsident Ahmed al-Scharra müsse jetzt ganz klar auftreten und Verletzungen gegenüber der Zivilbevölkerung verfolgen, fordert sie. Jetzt müsse man schauen, wo was passiert und wer dafür verantwortlich ist. "Die Syrer und Syrerinnen wollen wirklich Frieden, das geht durch alle konfessionellen Gruppen und alle Ethnien. Und das sollten wir anerkennen und versuchen zu unterstützen". (Astrid Ebenführer, 10.3.2025)