Die Pläne der Regierungen von Trump und Netanjahu sind im Mai 2021 an die Grenzen gestoßen. Mit Rückenwind von Trump wurden der „Kushner-Plan“ und die „Abraham-Abkommen“ entworfen, die beide palästinensische Rechte ignorieren. Jerusalem wurde zur Hauptstadt Israels erklärt, ohne dass Ostjerusalem als künftige Hauptstadt eines palästinensischen Staates erwähnt wurde. Die diplomatischen Beziehungen zu den palästinensischen Vertretungen und die Hilfe an die palästinensischen Organisationen wurden eingestellt. Präsident Biden hat diese Maßnahmen nicht zurückgenommen, außer dass er die Hilfe für das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge teilweise wieder erstatten wollte.
Die israelische Regierung hat sich in Sicherheit gewogen gefühlt, sodass sie begann palästinensische Familien in Ostjerusalem aus ihren Häusern zu evakuieren. Die Begründung war ein Gesetz, nach dem Wohnungen, die vor 1948 nicht von Palästinensern bewohnt waren, israelischen Siedlern zu Verfügung gestellt werden müssten. Es kam zu friedlichen Protesten, die von der israelischen Polizei niedergeschlagen wurden. Die Palästinenser befürchteten, dass Ostjerusalem zunehmend besiedelt wird, wie die anderen besetzten Gebiete. Die Führungsmacht der Palästinenser im Gazastreifen Hamas beanspruchte, Führungsmacht aller Palästinenser zu sein und begann Raketen nach Israel abzuschießen. Tatsächlich wollte sich die Hamas gegenüber der palästinensischen Vertretung in der Westbank profilieren, die sich weitgehend ruhig verhalten hatte. Damit gab die Hamas Netanjahu die Gelegenheit, militärische und zivile Strukturen (einschließlich Büros unabhängiger internationaler Medien) im Gaza zu bombardieren. Gleichzeitig versuchte er damit seine geschwächte innenpolitische Position abzusichern und die Bildung einer Regierungskoalition gegen ihn zu verhindern. Netanjahu versuchte einmal mehr die Situation zu nutzen, um einen Erfolg der Wiener Gespräche über das JCPOA zu verhindern. Seine Erzählung[1] war, dass die Raketen der Hamas eigentlich iranisch wären – obwohl Ein- und Ausfuhren in den und aus dem Gaza-Streifen von israelischen Behörden extrem überwacht werden. Einen indirekten Erfolg konnte Netanjahu buchen, als die österreichische Regierung die israelische Fahne auf Regierungsbehörden hisste. Daraufhin sagte der iranische Außenminister Jawad Zarif seinen für 15. Mai 2021 geplanten Besuch in Wien ab, bei dem er die Verhandlungen über das JCPOA, die Netanjahu ablehnt, symbolisch unterstützen wollte.
Korrektur durch Biden?
Präsident Biden kann nur politischen Lösung dieses israelisch-palästinensischen Konflikts näher kommen, wenn die Maßnahmen der Trump-Netanjahu Regierungen zurückgenommen werden: Der des „Kushner-Plan“ müsste verworfen werden. Ostjerusalem muss als Hauptstadt eines künftigen palästinensischen Staates anerkannt werden. Die „Abraham-Accords“, wenn sie auch beibehalten werden, müssen ergänzt werden um die Forderung einer Zwei-Staaten-Lösung mit der Orientierung auf die Grenzen von 1967. Auf dieser Basis könnte auch ein iranisch-arabischer Dialog aufgebaut werden, der die anti-iranische Bündnisbildung der „Abraham-Abkommen“ abschwächen würde.
Die österreichische Regierung verlässt den Boden der Zwei-Staaten-Lösung
Was Österreich betrifft, ist das Hissen der israelischen Flagge auf dem Gebäude des Bundeskanzleramtes und des Außenministeriums nicht angebracht. Österreich soll in einem militärischen Konflikt nicht Flagge zeigen. Es gibt nicht nur israelische sondern auch viele palästinensische unschuldige Opfer, die damit entwürdigt werden. Österreich verliert an Glaubwürdigkeit als Vermittler in diesem und auch anderen Konflikten. Die Zwei-Staaten-Lösung, die damit in Frage gestellt wird, war ein österreichisches Markenzeichen seit Bundeskanzler Kreisky, der als erster Staatsmann diesen Vorschlag den Vereinten Nationen unterbreitete.
Picture: Trump White House Archived
[1] Seth j. Frantzman (May 12, 2021), Buildings hit, streets burning: The images Hamas, Iran wanted, The Jerusalem Post,
Buildings hit, streets burning: The images Hamas, Iran wanted - analysis - The Jerusalem Post (jpost.com).
Op-Ed (May 11, 2021), Hamas rockets and Iranian drones: A war of economic attrition against Israel? American Enterprise Insitute
Hamas rockets and Iranian drones: A war of economic attrition against Israel? | American Enterprise Institute - AEI.
Univ. Prof. Dr. Heinz Gärtner is a lecturer in the Department of Political Science at the University of Vienna and at Danube University. He was academic director of the Austrian Institute for International Affairs. He has held various Fulbright Fellowships and the Austrian Chair at Stanford University. He was Austrian Marshall Plan Foundation Fellow at the Johns Hopkins University in Washington DC. Among other things, Gärtner chairs the Strategy and Security advisory board of the Austrian Armed Forces and the Advisory Board of the International Institute for Peace (IIP) in Vienna. He has published widely on international security, nuclear non-proliferation and disarmament, US foreign policy, geopolitics, Iran, and the Middle East.