Veröffentlicht in Militär Aktuell am 20. Februar 2025
Markus Schauta
Herr Gärtner, Donald Trump will Grönland in die USA eingliedern – notfalls mithilfe des Militärs, wie er sagt. Warum ist Trump an Grönland so sehr interessiert, dass er sogar einen Konflikt mit europäischen Bündnispartnern in Kauf nimmt?
In seiner Antrittsrede sprach Donald Trump ähnlich wie Kennedy vom Gott gegebenen Schicksal, neue Grenzen („New Frontiers”) zu überwinden. Sein Plan wäre, eine Fahne auf dem Mars zu hissen; für Kennedy war das Ziel noch der Mond. Donald Trump bekundete die Absicht, Grönland, das völkerrechtlich zu Dänemark gehört, in den Besitz der USA durch Kauf oder auch durch militärischen Druck überzuführen. Grönland hat nicht nur wegen seiner Rohstoffe, sondern vor allem wegen seiner Lage geopolitische und geoökonomische Bedeutung. Es geht um die Kontrolle der Arktis und der Nordostpassage, die ebenso Russland, China sowie Kanada begehren. Die USA würden ihre Grenzen in der westlichen Hemisphäre neu definieren, in die sich weder Russland noch China, aber auch nicht die Europäer einmischen sollten. Eine historische Analogie wäre die „Monroe-Doktrin” von 1823. Sie warnte ausländische Mächte, vor allem die europäischen, sich in die westliche, also amerikanische, Hemisphäre einzumischen.
„Mit Zolldrohungen will Trump seine maximalistischen Ziele weltweit durchsetzen, auch gegenüber Europa.“
EU-Staaten wie Deutschland und Frankreich wiesen Trumps Pläne in Bezug auf Grönland zurück. Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen sagte, sie habe nicht die Fantasie, sich vorzustellen, dass Trumps Pläne jemals umgesetzt werden könnten. Sind Trumps Möglichkeiten tatsächlich begrenzt oder fehlt es Frederiksen an Fantasie?
Trumps Anspruch auf Grönland ist ernst und keine reine Fantasie. Ähnliche Ansprüche hat es in der Geschichte der amerikanischen Präsidenten des Öfteren gegeben. Präsident Thomas Jefferson kaufte 1803 einen Großteil des Territoriums der heutigen USA von Frankreich. Dieser Erwerb wurde als „Louisiana Purchase” bekannt. 1867 kauften die USA Alaska von Russland, 1946 wollten sie erfolglos schon einmal Grönland kaufen. Die Einverleibung von Texas und die Besetzung von Mexiko 1845 bis 1848 waren gewaltsame Gebietserwerbungen. 1895 annektierten die USA unter Präsident Grover Cleveland Hawaii. Trump selbst sieht in der Tradition von Präsident William McKinley (1897-1901). Er eroberte im Spanisch-Amerikanischen-Krieg Kuba, Puerto Rico, Guam und die Philippinen. Mit Zolldrohungen will Trump seine maximalistischen Ziele weltweit durchsetzen, auch gegenüber Europa.
Grönland ist ein selbstverwaltetes Territorium des Königreichs Dänemark und hat das Recht, sich durch ein Referendum für unabhängig zu erklären. Sollte dies eintreten, könnte sich Grönland für eine Anbindung an die USA entscheiden – wie realistisch ist das?
Grönland hat betont, dass es weder zu Dänemark noch zu den USA gehören will. Dennoch ist Grönland wirtschaftlich verwundbar. Mit Investitionsversprechen kann Donald Trump Druck auf ein unabhängiges Grönland ausüben, den nordamerikanischen Wirtschaftsraum beizutreten. Der Preis könnte sein, dass die USA ihre Militärpräsenz auf der Insel ausbauen.
Welches Interesse haben andere Staaten wie Russland und China an Grönland?
Russland hatte bereits während des Kalten Krieges seine Handels- und Militärstützpunkte in der Arktis ausgebaut. Es war mehr oder weniger defensiv. So stellte Russland beispielsweise russische Flaggen auf Felsensockel auf, um seinen Einfluss geltend zu machen. Da das Eis in der Nordpassage schmilzt, werden diese Seelinien immer wichtiger. Die USA wollen nun aufholen, von Alaska bis zur Arktis. Verständlicherweise wollen Russland und China diese Landnahme und Ausweitung der US-Kontrolle verhindern. Die US-Machtprojektion wird die russische Machtprojektion (das heißt militärische Präsenz ohne Landeroberung) weiter provozieren. Es wird einen neuen Eisernen Vorhang in der Arktis geben. Jetzt gibt es ein Wettrüsten in der Arktis. Die russisch-chinesische Zusammenarbeit ist aber nicht konfliktlos. Die geplante chinesische „polare Seidenstraße” macht den russischen Zugangsansprüchen Konkurrenz. Für beide Atommächte steht die Kontrolle von Handelsrouten, wie der Nordwestpassage, im Mittelpunkt. Die Arktis ist zu einer „russischen Priorität” geworden.
Trump zielt nicht nur auf Grönland, sondern will Kontrolle über den Panama-Kanal und Immobilienprojekte in Gaza vorantreiben. Entwickeln sich die USA zu einer „Rogue Superpower”, wie es das Magazin Foreign Affairs Anfang Februar titelte?
In der Arktis-Strategie der US-Regierung wird das Gebiet als „strategisch wichtige Region” beschrieben. Trump dürfte darauf abzielen, die US-Grenze weiter nach Osten zu verschieben, um Russland und China einzudämmen und die Europäer zu kontrollieren. Kanada soll laut Trump als Schritt in diese Richtung in die USA eingegliedert werden. Ebenso beanspruchte Donald Trump den Panamakanal, der, wenn notwendig, mit militärischem Druck zurückerobert werden soll. Der Gazastreifen soll gekauft und kontrolliert werden. Das klingt nicht nach dem Anspruch auf Friedensstiften.