Mitte August besuchte US-Außenminister Mike Pompeo einige EU-Staaten, darunter Österreich. Er drohte diejenigen Firmen mit Sanktionen zu belegen, die sich an Northstream 2 Pipeline beteiligen, die Gas von Russland nach Europa liefern soll. Die EU reagierte empört und wies diese Einmischung zurück. Inzwischen wurde der russische Oppositionelle Nawalny unter ungeklärten Umständen vergiftet. Sehr schnell forderten einige europäische Politiker, man solle nun doch Northstream 2 stoppen. Man dürfe die eigenen Werte nicht zugunsten wirtschaftlicher Interessen opfern. Bei aller berechtigten Forderung nach Aufklärung des Falles Nawalny erscheint dieses Argument unehrlich im Hinblick auf einen anderen Fall. Die USA drohten europäischen Firmen die im Rahmen des Nuklearabkommens mit dem Iran (JCPOA) Wirtschaftsbeziehungen mit dem Iran hatten, ebenfalls mit Sanktionen. Dieses Abkommen wurde als Musterbeispiel für den von der EU hoch gehaltenen „effektiven Multilateralismus“ gepriesenen. Schnell wurde dieser Wert aber aufgegeben, die Wirtschaftsbeziehungen mit dem Iran fast eingestellt, um diejenigen mit den USA nicht zu gefährden. Anfang Oktober wollen USA den im JCPOA vorgesehen „snap back“ Mechanismus aktivieren, der auch die Sanktionen im Rahmen der UN wieder einführen würde. Würde die EU dem Druck der USA nachgeben, würde sie ein von ihr selbst ausgehandeltes Abkommen, bei dem die USA nicht einmal mehr Partei ist, zugunsten enger wirtschaftlicher Interessen opfern.
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Univ. Prof. Dr. Heinz Gärtner ist Lektor an den Universitäten Wien und Krems sowie Vorsitzender des Beirates des International Institute for Peace (IIP) sowie des Beirates Strategie und Sicherheitspolitik der Wissenschaftskommission des Österreichischen Bundesheeres. Bis Ende 2016 war Heinz Gärtner wissenschaftlicher Direktor des Österreichischen Instituts für Internationale Politik. Er hatte zahlreiche internationale Forschungsaufenthalte und Gastprofessuren. Er publizierte zahlreiche Bücher und Artikel zu Fragen der USA, internationaler Sicherheit, Abrüstung und Rüstungskontrolle. U. a. ist er Autor des Buches „Der Kalte Krieg“, marixwissen, 2017.