Gemäß dem Verfassungsgesetz vom Oktober 1955 ist Neutralität nicht Selbstzweck. Sie wäre ein dem nationalen Sicherheitsinteresse dienliches Werkzeug: „ Zum Zwecke der dauernden Behauptung seiner Unabhängigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Staatgebietes erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität“. Österreich verpflichtet sich dazu, diese immerwährende Neutralität „mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrecht (zu) erhalten und ( zu ) verteidigen“.
Hat die Neutralität Österreichs nun tatsächlich zur Erreichung dieser beiden Ziele beigetragen? War sie wesentlich für den Erhalt der „Unabhängigkeit nach Außen „ und der „Unverletzlichkeit des Staatsgebietes“? Das lässt sich für die Vergangenheit nur gegen den Hintergrund des damaligen Kalten Krieges beantworten. Seit dem Ende des Kalten Krieges haben sich die äußeren Bedingungen jedoch grundlegend verändert. Es ist fraglich, ob irgend ein Staat - egal ob bündnisgebunden oder neutral und mit welchen Mittel auch immer – heute noch eine absolute „Unverletzlichkeit“ seines Territoriums sicher stellen kann; und ob bei einer sich verdichtenden gegenseitigen Abhängigkeit von Staaten deren „Unabhängigkeit nach außen“ noch in irgend einer Form erreichbar ist. Es stellt sich also die Frage, ob selbst eine auf ihre minimalen Erfordernisse reduzierte Neutralität noch irgend einen sicherheitspolitischen Mehrwert verspricht.
Thomas Nowotny is a former Austrian diplomat; private secretary to Austrian Chancellor Bruno Kreisky, senior political counselor to the European Bank for Reconstruction and Development, and Consultant to the OECD (Organization for Economic Co-operation and Development). He is "Dozent" for political science at the University of Vienna, and author of numerous articles and of several books. The last major one on the program and prosepects of European Social Democracy (Projekt Sozialdemokratie: überholt?? gescheitert?? zukunftsweisend??) has come on the market in December 2016.
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