"Rücktritt vom Fortschritt: Warum der Rechtspopulismus den Feminismus bekämpft " 🎬

Am Mittwoch, den 27. März 2019, lud das Internationale Institut für den Frieden (IIF) zu einer Podiumsdiskussion mit dem Titel „Rücktritt vom Fortschritt: Warum der Rechtspopulismus den Feminismus bekämpft“ ein. Ulrike Lunacek, ehemalige Präsidentin des EU-Parlamentes, Judith Goetz von der Universität Wien, Hannes Swoboda, Präsident des Internationalen Instituts für Frieden sowie Schifteh Hashemi vom Frauenvolksbegehren waren anwesend. Die Diskussion wurde von Gina Butros moderiert.   

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Die Feminismus-Debatte stößt nach wie vor auf viel Widerstand. Dieser tritt seit einigen Jahren verstärkt durch den Rechtspopulismus und seine Anhänger auf. Die Verknüpfung zwischen Rechtspopulismus und Anti-Feminismus kann durch einige Beispiele aufgezeigt werden, wie die Abtreibungsdebatten in Polen und die Frage um die Relevanz der Gender Studies in Ungarn zeigen. Auch die FPÖ nutzt feministische Themen wie das Burkaverbot im Kontext zunehmender Migration für sich.   
Judith Goetz sieht den Antifeminismus als heterogen. Dabei können fünf Akteursgruppen herausgefiltert werden: Rechte Gruppen und Parteien (z.B FPÖ, Identitäre), Rechtskonservative (z.B christliche Rechte), WissenschaftlerInnen (an Universitäten z.B. Kritik an Gender Studies), JournalistInnen und Anti-FeministInnen (z.B die Männerpartei). Die Ablehnung des Feminismus eint diese unterschiedlichen Gruppen, es werden über gemeinsame Feindbilder verbindende Brücken gebaut. Das gilt für Gleichstellungsmaßnahmen und Gender Studies im Allgemeinen, betrifft also sämtliche ‚Lebensweisen der Vielfalt‘. Eine weitere Gemeinsamkeit ist, dass sich jene Gruppe als Reaktion auf wirksame Antidiskriminierungspolitiken der letzten Jahre gebildet haben. Das gemeinsame Ziel ist die Renaturalisierung der Geschlechterordnung und die Hervorhebung traditioneller, ‚natürlicher‘ Geschlechterrollen. An dieser Stelle von Rechtspopulismus zu sprechen, verschleiert oftmals mehr als es erklärt, weil Populismus eher eine politische Strategie, als ein Inhalt ist; oftmals, gerade die FPÖ oder die Identitären betreffend, sollte man von Rechtsextremismus sprechen.  

Das Frauenbild im Rechtsextremismus ist vielfältig, es reicht vom ‚Heimchen am Herd‘ bis zu Führungspositionen in rechten Organisationen und Parteien. Die aktuelle Politik rechter Parteien drängt jedoch Frauen stark in Abhängigkeiten. Im aktuellen österreichischen Regierungsprogramm heißt es zum Beispiel: „Männer und Frauen werden in ihrer Verschiedenheit anerkannt“. Frauen aus rechten Gruppierungen bezeichnen sich kaum als Feministinnen, sondern heben stattdessen ihren Einsatz für Frauenrechte hervor. Dabei wird die Vorstellung von Feminismus diskursiv umgekehrt (‚wahre FeminsitInnen lehnen Männerhass und Geschlechterkampf ab‘) und viele wichtige Errungenschaften des Feminismus abgelehnt. Der Einsatz für Frauenrechte wird nach Judith Goetz zunehmend ethnisiert: Gleichberechtigung wird als Wert des Westens propagiert (‚unser Wert‘), patriarchalische Strukturen und Unterdrückung von Frauen wird auf die MigrantInnen abgewälzt. Aktive Unterstützung rechter Parteien kann für Frauen den Reiz eines Ausgleichs zu ihrer eigenen Unterdrückung und Absicherung eigener Privilegien bedeuten, dabei bleiben Hierarchiestrukturen bestehen: durch Selbsterhöhung gegenüber Migrantinnen. Außerdem können Frauen die Agenda rechter Parteien anders einbringen, da sie weniger aggressiv wirken und sich als Betroffene inszenieren können oder Bilder wie die ‚Mutter der Nation‘ verkörpern können.  

In diesem Zusammenhang verweist Lunacek auf das Problem, dass dieser extreme Antifeminismus außerdem einen Angriff auf die Demokratie darstellt, wenn man zum Beispiel das Frauenwahlrecht (die Identitären) in Frage stellt. In ihrer Zeit im EU-Parlament ist sie häufig auf vehementen Widerstand von Rechten gestoßen, dabei wurden abstruse Vorwürfe gemacht und Inhalte stark verdreht, um Ängste zu schüren. Diese rechten Kräfte haben zudem deutlich zugenommen auf EU-Ebene und sind unterschiedlich ausgeprägt, dennoch sehr geeint in ihrer Ablehnung von Feminismus und LBTQI. 

Ergänzend dazu erklärt Hashemi, dass die antifeministische Haltung der Rechten in Österreich immer offensichtlicher wird und fester Bestandteil ihrer politischen Agenda, wenn auch kein eigener Schwerpunkt ist. Eine Gefahr für die Demokratie stellen die ganz einfach die Umsetzung des Regierungsprogramms (anfangs nicht ernst genommen) und der Abbau von Zivilstrukturen, beispielweise durch Streichung von nötigen finanziellen Mitteln, dar. Hier ist der frauenpolitische Bereich besonders betroffen. Die bestehenden Strukturen werden stattdessen durch VertreterInnen der Rechtspopulisten ‚ersetzt‘, de facto also blockiert. Statt weiterhin zu analysieren wie antifeministisch die Regierung tatsächlich ist, sollten progressive Ideen diskutiert werden. Die Gleichstellungsdebatte ist zwar deutlich stärker geworden, wird jedoch leider in der breiten Bevölkerung eher oberflächlich diskutiert oder gerät im Gegenteil schnell oftmals auf die Ebene einer ‚Luxus-Debatte‘, in der die Alltagsprobleme Betroffener unbesprochen bleiben. Die MeToo Debatte ist ein Beispiel dafür, dass erstmals Frauen eine Debatte losgetreten und maßgeblich die Richtung des Diskurses bestimmt haben, das heißt, die Deutungsmacht von Begriffen wie ‚sexuelle Belästigung‘ für sich beansprucht haben. 

Ursächlich für den Antifeminismus der Rechten ist hauptsächlich das fehlende Aufgreifen der Thematik von der Politik innerhalb eines sozialen Kontextes, so Swoboda. So hätte sich der Feminismus anders und fester in die Politik integrieren lassen und wäre nicht im Rahmen rechter Ideologien debattierbar gewesen, weil er schlicht und einfach Teil der Sozialpolitik wäre.  

Die Präsenz von Rechtspopulisten- und Extremen ist massiv und sehr präzise in den sozialen Medien zu erkennen. In Zukunft ist außerdem ein Erstarken der Rechten in den politischen Arenen zu erwarten. Prognosen für die EU-Wahlen im Mai gehen eindeutig von einem Erstarken der Rechten aus. Die Befürchtungen gegenüber dem Rechtsextremismus bezüglich der Europawahlen müssen relativiert werden. Die rechten Parteien seien durchaus in der Lage eine Fraktion zu bilden, werden jedoch durch die Tatsache, dass alle Gesetzestexte gemeinsam besprochen werden daran gehindert rechte Ideologien in die europäische Politik einfließen zu lassen.  Gesetze könnten somit zahlenmäßig nicht durchs Parlament gebracht werden.  Es bedarf also viel Bildungsarbeit, die gesellschaftliche Fragen aufgreift und positive Konzepte wie Solidarität oder antifaschistische Grundhaltungen verbreitet.   

Als Fazit der Podiumsdiskussion kann angemerkt werden, dass rechtsextreme Positionen von der Gesellschaft sowie den politischen Entscheidungsträgern zu schnell aufgenommen werden. Diese tendieren oft dazu immer sofort ihren Standpunkt sofort zu verteidigen anstelle progressiverer Ideen hervorzuheben. Radikalere Positionen und Standpunkte werden zunehmend in den politischen und gesellschaftlichen Diskurs eingebracht, dagegen kommen neue konstruktive Konzepte zu wenig vor. Zudem sollten politische Akteure selbstkritischer werden was die Art des Politikmachens betrifft. Es wäre notwendig, dass die Politik inklusiver wird. Nur durch den Gebrauch einer einfachen Sprache und dem Gestalten einfacher Informationen kann man die Menschen erreichen. Es geht darum in der Bildung anzusetzen, um den Menschen die Fähigkeit zu geben sich selbst über gesellschaftlich relevante Fragen Gedanken zu machen.