MIT JOE BIDEN - FÜR EINE GLOBALE KLIMAPOLITIK!

Die Wahl von Präsident Biden in den USA - und ich gehe davon aus, dass es trotz Widerstand von Donald Trump dabei bleibt - schafft neue Chancen für eine globale Klimapolitik. Denn bei aller Notwendigkeit von verstärkten Anstrengungen auf nationaler Ebene, dürfen wir nicht vergessen, dass nur globale Aktionen einen nachhaltigen Einfluss auf das Klima haben werden. Wir brauchen daher nationale, europäische und globale Anstrengungen. Da Präsident Biden klar und deutlich angekündigt hat, dass er die USA zum Pariser Klimaabkommen zurückführen wird, haben sich die Bedingungen für eine offensive Umweltpolitik wesentlich verbessert.

Vergessen und übersehen wir nicht die Größenverhältnisse in den Emissionen der Treibhausgase. Absolut gesehen - nicht im Verhältnis zu den Einwohnern ist China der größte „Verschmutzter“. Dann kommen bereits die USA mit der größten Treibhausgas Belastung pro Kopf und dann Europa bzw. die Europäische Union. Zusammen produzieren diese drei globalen Akteure deutlich mehr als die Hälfte des globalen Schadstoffemissionen.

Präsident-elect Biden hat sich während der ganzen Kampagne klar für eine aktive und international abgestimmte Klimapolitik ausgesprochen. Kann er das aber überhaupt umsetzen? Manches hängt natürlich auch von Stimmverhältnissen im Kongress ab. Im Repräsentantenhaus haben die Demokraten eine, wenn auch geschmälerte, Mehrheit. Im Senat sind die Verhältnisse noch nicht klar. Das hängt von den Nachwahlen in Georgia ab. Das maximal zu erreichende Votum könnte dazu führen, dass es 50 zu 50 steht und die Vizepräsidentin Kamala Harris hätte dann das Dirimierungsrecht.

Aber so wie Obama und auch Trump müsste Präsident Biden mit Verordnungen -Executive Orders - regieren. Vor allem Präsident Obama war dazu gezwungen, da die Republikaner ihn besonders auch in Umweltfragen blockierte und torpedierte. Inzwischen sind sich aber einige Republikaner auch bewusst, dass die Klimaveränderungen keine fake-news darstellen und daher ein wenig offener gegenüber einigen Elementen der Klimapolitik. Es ist nicht zu erwarten, dass die USA die fortschrittlichste und radikalste Klimapolitik umsetzen. Aber einige Demokraten wie zum Beispiel die Abgeordnete aus der Bronx Ovasio-Cortez, die den Green Deal anstieß, werden eine entsprechende Lobby Arbeit leisten. Jedenfalls hat die Europäische Union in Präsident Biden einen verlässlichen Partner für eine globale Umwelt- und Klimapolitik bekommen.

Die Amazonas Region als Textgebiet
Eine kritische Region, wo die USA und die EU neue Initiativen setzen sollten befindet sich vor der „Haustür“ Amerikas. Es handelt sich um das Amazonas Gebiet. Derzeit wird innerhalb der EU vor allem das EU-Mercosur Abkommen mit einer Vielzahl lateinamerikanischer Länder diskutiert. Im konkreten geht es vor allem um die Auswirkungen auf das Amazonas Gebiet. Mit Recht fragen sich viele, wie sich das Abkommen auf die Entwaldung dieses klimapolitisch heiklen Gebiets auswirken wird. Viele befürchten, dass das Abkommen den negativen, globalen Klimawandel und auch die Vernichtung der Lebensgrundlagen der indigenen Bevölkerung vorantreiben wird. Eine unlängst veröffentlichte französische Studie kommt zum Schluss, dass der zu erwartende verstärkte Export von Rindfleisch aus Brasilien zu einer verstärkten Abholzung der Regenwälder führen wird. Denn die Zucht von mehr Rindern braucht mehr Weideland. Und dieses gewinnt man durch die Zerstörung wertvoller Wälder.

Da auch seitens der europäischen Landwirtschaft Einwände gegen vermehrte Rindfleischexporte erhoben werden, kommt es zu einer Koalition - von nicht immer umweltbegeisterten - europäischen Bauern und Klimaschützern. Beide lehnen aus unterschiedlichen Gründen das Abkommen ab. Zwar beinhaltet das Abkommen mehrere Schutzklauseln hinsichtlich der ökologischen und sozialen Standards einerseits und der Überforderung des europäischen Markts anderseits, diese sind aber zu schwach und schwer durchzusetzen. Auf Grund des Widerstands vor allem in Frankreich, Deutschland und Österreich aber auch im EU Parlament hat das Abkommen, jedenfalls in der derzeitigen Fassung kaum Chance auf eine Realisierung.

Aber eine Ablehnung dieses Abkommens löst noch keineswegs das Problem der Abholzung und deren negativen Auswirkungen vor allem auf das globale Klima. Brasilien und insbesondere Präsident Bolsonaro wehren sich gegen ausländische Einflüsse auf inner-brasilianische Entscheidungen. Beim derzeitigen Verständnis nationaler Souveränität ist das auch verständlich. Zwar kann man argumentieren, dass Brasilien seine von ihm selbst übernommenen Klimaverpflichtungen mit der bestehenden Rate an Abholzungen nicht einhalten wird können. Aber das wird nicht helfen.

Klimapolitik braucht neue Ansätze und Strategien
Es besteht weitgehende Einigkeit, dass der Amazonas Regenwald nicht nur die Heimat indigener Völker darstellt, die immer wieder ausgerottet und vertrieben wurden und werden. Er beinhaltet auch wertvollen Ressourcen zu Verwendung und Herstellung von Medikamenten. Aber vor allem stellt er eine wesentliche Ressource für einen umfassenden Klimaschutz dar. So ist der Regenwald ein wichtiger CO2 Speicher.

Wenn dem so ist, und daran besteht kein Zweifel, dann hat er globale Bedeutung und daher müsste die Weltgemeinschaft und vor allem diejenigen Länder und Regionen, die über Jahrhunderte die Umwelt und das Klima geschädigt haben, Verantwortung für den Regenwald übernehmen. Da gibt es schon einige vor allem auch europäische Initiativen. Diese wurden allerdings jüngst zum Teil aufs Eis gelegt - weil Präsident Bolsonaro weitere Rodungen zumindest zuließ, wenn nicht beförderte. Er ähnelt darin Präsident Trump, der auch der Ausbeutung von Bodenschätzen den Vorrang vor der Erhaltung lebenswichtiger Ressourcen stellt.

Was wir aber jetzt brauchen, ist eine transatlantische Aktion, die Brasilien und anderen Ländern ein Angebot macht, das schwer abzulehnen ist. Der Verzicht auf weitere Rodungen sollte finanziell abgegolten werden und es sollten gemeinsame Projekte erarbeitet werden, um eine schonende und nachhaltige Nutzung in Gang zu setzen. Vor allem sollte die Forschung intensiviert werden, wie die natürlichen Ressourcen z.B. für die Entwicklung von Heilmitteln verwendet werden können.

Die sogenannte entwickelte Welt, vor allem die USA und die EU, sollten sich nicht mit Kritik an der Zerstörung des Amazonas Gebiets zufrieden geben und sich auf die Schulter klopfen. Sicher können die EU Handelsverträge einen - besseren - Beitrag zur Klimapolitik leisten. Aber wir brauchen zusätzliche Strategien, über die Handelsverträge hinaus. Wenn wir die Regenwälder als „commons“, also als gemeinschaftliche Güter für die Welt betrachten, dann müssen wir sie als solche behandeln und - auch finanzielle - Verantwortung dafür übernehmen. Das wird sicher ein schwieriger Prozess werden. Die nationale Souveränität ist nach wie vor eine heilige Kuh, auch wenn sie schon vielfach ausgehölt wurde. Aber gerade der Klimawandel und die entsprechenden Gegenstrategien brauchen neue Formen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Und vor allem die reicheren Länder dieser Welt, insbesondere die USA und die EU müßten hier in die Zukunft weisende Initiativen setzen.

Und China?

Der chinesische Präsident Ji Jiping hat vor einigen Wochen die Welt mit einer klimapolitische Aussage überrascht. China, so meinte sein “starker Mann“ sollte 2060 klimaneutral werden. Das ist sicherlich eine hehres Ziel und würde eine effektive globale Klimapolitik stark vorantreiben. Aber ist dieses Ziel auch realistisch? Betrachtet man den massiven Ausbau der Kohlekraftwerke in und außerhalb Chinas finanziert bzw. konstruiert durch China, dann kann man keine umfassende umweltbewusste Strategie erkennen.

Es ist verständlich, dass China eine forcierte Industrie Strategie fährt, um das Land und seine Bevölkerung wirtschaftlich voranzutreiben. Und auf dem Gebiet der Solarenergie und der Elektromobilität unternimmt China große Anstrengungen. Aber der Ausbau der Kohlekraftwerke konterkariert diese Maßnahmen. Und wie erwähnt betrifft das nicht nur China selbst. 40 Prozent der von China im Ausland finanzierten Kraftwerke im Zeitraum von 2000 bis 2019 waren Kohlekraftwerke. Und das oft in Ländern, die die Sonnenenergie optimal nützen könnten.

Wettbewerb zugunsten der Ärmeren

Die USA werden auch unter Präsident Biden eine gegenüber China kritische Strategie fahren. Das betrifft die Handelsbeziehungen aber auch die militärische Sicherheit im pazifischen Raum. Zum Unterschied zu Präsident Trump hat aber Biden ein großes Interesse an einer aktiven Klimapolitik. Gemeinsam mit der Europäischen Union sollten die USA China in eine globale Klimapolitik einbinden und auch auf eine tatkräftige Umsetzung der Klimaziele drängen. Alle müßten auch den „Entwicklungsländern“ helfen ihre Ressourcen - vor allem die Sonneneinstrahlung- im Sinne der Klimapolitik zu verwenden.

Diesbezüglich braucht es auch neue Ansätze. Man wird den Wettbewerb zwischen den USA, der EU und China - und auch Indien, Japan etc - innerhalb der Entwicklungsländer vor allem in Afrika nicht zum Verschwinden bringen können. Aber er sollte diesen Ländern nützen und nicht zu neuen Formen des Kolonialismus führen. Es geht darum, einen Wettbewerb um die besten nachhaltigen Lösungen zu führen, die den lokalen Bedingungen gerecht werden und den Klimawandel bekämpfen. Die Welt braucht einen Green New Deal der allen Menschen einen Weg in eine klimaneutrale Zukunft bereitet. So wie bei der Bekämpfung der Pandemie dürfen die großen und reicheren Länder auf die ärmeren nicht vergessen. Nachdem sie über Jahrzehnte benachteiligt, ja ausgebeutet wurden, müssen ihnen neue Chancen gegeben werden.

Picture: Joe Biden


Hannes Swoboda.jpg

Dr. Hannes Swoboda, President of the International Institute for Peace (IP), started his career in urban politics in Vienna and was elected member of the European Parliament in 1996. He was Vice President of the Social Democrat Group until 2012 und then President until 2014. He was particularly engaged in foreign, enlargement, and neighborhood policies. Swoboda is also President of the Vienna Institute for International Economics, the Centre of Architecture, the University for Applied Science - Campus Vienna, and the Sir Peter Ustinov Institute.