Golf: Nuklearwaffenfreie Zonen und Rüstungskontrolle statt Nuklearwaffen und Krieg - Heinz Gärtner

Das Wiener Nuklearabkommen mit dem Iran

Im Mai entscheidet der US-Präsident darüber, ob er das Wiener Nuklearabkommen, dass die fünf permanenten Mitglieder des UN-Sicherheitsrates und Deutschland mit dem Iran 2015 abgeschlossen haben (JCPOA), noch einmal verlängert, bevor er die Sanktionen wieder einführen will. Der israelische Ministerpräsident Netanjahu hat angekündigt, dass er schon wüsste, dass Trump das Abkommen nicht mehr bestätigen würde. Die Bestellung von John Bolton, der eine Bombardierung des Irans befürwortet, als nationaler Sicherheitsberater Trumps bestätigt diese Vermutung.

Trump will, dass einige Beschränkungen des iranischen Nuklearprogramms, die nach 10 bis 25 Jahren auslaufen auf unbeschränkte Zeit verlängert werden, und dass Irans Raketenprogramm eingeschränkt wird. Außerdem soll der Iran alle seine militärischen Anlagen für Inspektionen öffnen. Im Wien trafen sich Anfang März Diplomaten der Unterzeichnerstaaten, um diese Themen zu besprechen.

Das schlimmste Szenario wäre, wenn die USA aus dem multilateralen Abkommen aussteigen. Der Iran würde sein Nuklearprogramm, das noch nicht unbedingt ein Waffenprogramm sein muss, wieder hochfahren. Daraufhin würde Israel den Iran beschuldigen, eben doch die Bombe bauen zu wollen und versuchen, die USA zu einer militärischen Intervention zu bewegen. Die Kriegsgefahr wäre so hoch, wie vor dem Abschluss des Abkommens.

Der Iran, die europäischen Unterzeichner, Russland und China könnten sich aber auch weiterhin an das Abkommen halten. Die USA würden aber den Europäern mit Sanktionen bedroht, falls weiter daran festhalten. Es ist wahrscheinlich, dass die Front der Europäer mit der Zeit bröckelt.

Die amerikanischen Befürchtungen bezüglich des Nuklearprogramms sind zwar unberechtigt oder zumindest übertrieben. In der Präambel des Vertrages verpflichtet sich der Iran, dass sein Nuklearprogramm ohne zeitliche Begrenzung friedlich bleibt; der Iran steht als Partei des Atomwaffensperrvertrages weiterhin unter der Kontrolle der IAEA und das Zusatzprotokoll, das umfangreiche Inspektionen vorsieht und der Iran umsetzen würde, wenn das JCPOA nicht gekündigt wird.

Was das Raketenprogramm betrifft, argumentiert der Iran, dass er schon einmal nach dem Angriff des Irak in den achtziger Jahren ohne ausreichende Verteidigung geblieben war. Außerdem hätten die Raketen Saudi Arabiens eine größere Reichweite als die des Iran.

Nuklearwaffenfrei statt Nuklearwaffen

Trotz dieser Erklärungen könnte der Iran selbst konstruktive Vorschläge machen. Um Befürchtungen der USA bezüglich des Nuklearprogrammes zu besänftigen, könnte der Iran anbieten, der nuklearwaffenfreien Zone in Zentralasien (Vertrag von Semipalatinsk) beizutreten. Zentralasien dem Iran historisch und kulturell viel näher als seinen arabischen Nachbarn. Im Gegenzug müssten die USA allerdings das Zusatzprotokoll des Vertrages ratifizieren, in dem sich Nuklearwaffenmächte verpflichten, Mitgliedstaaten dieser Zone nicht mit Nuklearwaffen anzugreifen oder sie zu bedrohen. Der Iran käme damit in den Genuss dieser negativen Sicherheitsgarantien. Unterzeichnet haben die USA den Vertrag.

Beim Besuch des saudischen Kronprinzen in Washington Mitte März hat er angekündigt, dass sich Saudi Arabien als Reaktion auf das iranische Nuklearprogramm Nuklearwaffen beschaffen würde. Das wäre ein Schlag für die Nichtverbreitung von Nuklearwaffen. Die USA könnten daher ihre arabischen Verbündeten außerdem dazu überreden, der nuklearwaffenfreien Zone Afrika (Vertrag von Pelindaba) beizutreten, wenn sie dessen Protokolle ratifizieren. Ägypten hat den Vertrag, ebenso wie die USA, unterzeichnet, aber nicht ratifiziert.

Dieses Szenario würde Israels Sicherheit dramatisch erhöhen, aber gleichzeitig würde die Begründung für seine Nuklearwaffen schwinden. Die Bemühungen für eine nuklearwaffenfreie Zone im Mittleren Osten kamen wegen des Widerstandes der USA ohnehin nie sehr weit. An diesem Thema war die Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages 2015 gescheitert.

Ein Zusammenwachsen dieser nuklearwaffenfreien Zonen könnte zu einem nuklearwaffenfreien Gürtel von der Mongolei über Zentralasien dem Mittleren Osten bis Afrika führen. Der schmale chinesisch-russische Streifen zwischen der Mongolei und Kasachstan könnte leicht durch Verhandlungen mit Russland und China einbezogen werden. Eine nuklearwaffenfreie Zone Mittlerer Osten unter Einbeziehung Israels ist damit nicht ausgeschlossen.

Regionale Rüstungskontrolle statt Raketenstreit

Was das Raketenprogramm betrifft, sollte es nicht Teil des JCPOA werden. Wenn der Iran befürchtet, dass er nochmals schutzlos von seinen Nachbarn angegriffen werden könnte, könnte er aber vorschlagen, dass er breit zu regionalen Rüstungskontrollverhandlungen wäre. Diese würden Anzahl und Reichweite der Raketen der Staaten der Region einbeziehen. Wenn der Iran und Israel Schwierigkeiten haben, miteinander zu reden, kann Israel von den Gesprächen vorerst ausgenommen werden. Davon bliebe das JCPOA unberührt; es müsste nicht mit Zusätzen versehen werden. Die USA hätten die Garantie, dass der Iran keine Langstreckenrakete (ICBM) entwickelt, die ihr Territorium erreichen könnte. Die potentiellen Abkommen müssten aber durch eine internationale Organisation überwacht werden. Diese Behörde hätte dann Zugang zu gewissen konventionellen Rüstungsprogrammen der betreffenden Staaten. Kein Staat in der Welt öffnet allerdings alle seine militärischen Anlagen. Die USA müssten ihre Rüstungsverkäufe an die arabischen Staaten aber wahrscheinlich dementsprechend einschränken.

Nuklearwaffenfreie Zonen und Rüstungskontrolle sind letztlich die besseren Lösungen als Nuklearwaffen und Krieg.

(NahOstHeute, 26. März 2018)