von Luka Čekić
Am 9. März 2020 hat das International Institute for Peace (IIP) in Zusammenarbeit mit der Universität Wien die Buchvorstellung „Frauen. Medien. Krieg“ mit anschließender Diskussion organisiert. An dieser haben die AutorInnen Bettina Biron und Wolfgang Duchkowitsch zusammen mit den UniversitätsprofessorInnen Elisabeth Klaus und Heinz Gärtner teilgenommen. Die Diskussion hatte vor allem folgende Themen im Fokus: die Rolle der Frau im Ersten Weltkrieg und nach dem Krieg, das kommunikative Handeln österreichischer Frauen und die Nebenerscheinung der Gewalt an Frauen in der Kriegsforschung und der Medienberichterstattung. Die Direktorin des IIP, Stephanie Fenkart, moderierte die Veranstaltung und legte am Anfang der Diskussion den Fokus auf die Rolle der Frau im Ersten Weltkrieg sowie deren Stellung in der Gesellschaft und in der Ökonomie.
Bettina Biron, Herausgeberin des Buches und Universitätsassistentin, betonte, dass es eine klar definierte Rolle der Frau im Krieg und außerhalb des Krieges eigentlich nicht gibt. Von den Rollen der Frau oder des Mannes in der Gesellschaft kann man nicht sprechen, da man diese eigentlich nicht definieren kann. Sie sieht keine - oft angenommene - Emanzipation der Frau im Ersten Weltkrieg, sondern meint, dass genau das Gegenteil passiert sei. Nach dem Ersten Weltkrieg hatte man Frauen aufgefordert ihre Arbeitsplätze in den Fabriken zu verlassen - obwohl sie weniger als die Männer verdient haben. Außerdem stellt Biron den Mythos, dass die Stellung der Frauen Ersten Weltkrieg insbesondere durch ihre ökonomische Teilhabe im Arbeitsbereich aufgewertet wurde und in gewisser Weise zur Frauenemanzipation beigetragen habe, in Frage – man vergisst, dass Frauen schon vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs in verschiedenen Institutionen gearbeitet haben und somit bereits lange vor dem WK I einen bedeutenden Beitrag für die Gesellschaft geleistet haben.
Wolfgang Duchkowitsch, ebfs. Herausgeber des Buches und Universitätsprofessor, verdeutlich die Rolle der Frauen im Ersten Weltkrieg anhand des Beispiels der Zeitschrift „Salondame“ aus dem Jahr 1916. In dieser Zeitschrift, die von österreichischen Frauen betrieben wurde, ging es darum eine Wiener Mode zu etablieren und somit ein Gegengewicht zu der vorherrschenden Pariser Mode zu erzeugen. Außerdem veröffentlichten im Ersten Weltkrieg verschiedene, von Frauen geführte Tageszeitungen Gebote, an die sich die Gesellschaft halten sollte – eins von diesen Geboten besagte bspw., dass Männer keinen Champagner für die nächsten 50 Jahre trinken sollten. Durch diese Aktivität in den Tageszeitschriften entstand somit ein „Boykott“ verschiedener Trends aus Ländern der Entente. Hauptmotor waren hierbei vor allem Frauen. Bemerkenswert sei, dass die von den Frauen geführte bürgerliche Presse, die vor dem Ersten Weltkrieg die Idee „Krieg gegen Krieg“ (Idee entstand bereits 1867 beim Genfer Kongress) propagierte, im Ersten Weltkrieg darauf verzichtete und sich auf die Seite jener stellten, die an der Front kämpften
Die Universitätsprofessorin, Fachbereich Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg, Elisabeth Klaus erwähnte in ihrem Eingangsstatement drei Richtungen der historischen Frauenbewegungen:
- Die liberale Frauenbewegung, die patriotisch orientiert war und Wert auf die Rolle der Frau als Mutter und Ehefrau legte.
- Die radikale Frauenbewegung, die sich gegen den Krieg äußerte und anti-militaristisch geprägt war.
- Die sozialistische Frauenbewegung, die sich pazifistisch äußerte.
Diese Frauenbewegungen haben im 19. und 20. Jahrhundert vielen Frauen unter anderem ermöglicht sich mit Journalismus zu beschäftigen. Die bekannteste Journalistin und Fotografin aus dieser Zeit, Alice Schalek, war die erste Frau, die eine Akkreditierung des K.u.K Kriegspressequartiers bekommen hat und somit im Ersten Weltkrieg auch als erste Frau als Kriegsberichterstatterin tätig war. Interessanterweise geht aus ihrer Berichterstattung eine teils kriegsromantisierende Position hervor, während Karl Kraus, obwohl Antimilitarist, sich in seiner Auseinandersetzung mit Alice Schalek einer starken, beinahe kriegerischen antifeministischen Rhetorik ihr gegenüber artikuliert. Antimilitarismus ging in diesem Fall mit Antifeminismus einher. Eine positive Position von Antimilitaristen in Bezug auf die Frauenemanzipation kann aus diesem historischen Beispiel nicht abgeleitet werden.
Heinz Gärtner, Universitätsprofessor an der Universität Wien und Vorsitzender des IIP Beirats, legte den Fokus auf die jetzige Zeit und die verschiedenen internationalen Initiativen und Resolutionen, die zum Schutz von Zivilisten – insbesondere Frauen und Mädchen – von der Internationalen Gemeinschaft beschlossen wurden.
- UNSC Resolution 1325 on Women Peace and Security, die eine Verhütungs- und Schutzfunktion von Zivilisten ergreifen soll
- UNSC Resolutionen 1894 & 1674, die ebenfalls den Schutz von Zivilisten sichern sollen
- „Responsibilty to protect“ - International Commission on Intervention and State Sovereignty 2001, welche das Prinzip der Verantwortung zum Schutz der Bevölkerung betont. Bei verschiedenen Krisensituationen, wie Genozid, Genozid-Absichten, gravierenden Menschenrechtsverletzungen oder ein - in solchen Krisensituationen - nicht-handlungsfähiger Staat, soll die internationale Gemeinschaft eingreifen. Aber auch hier bedarf es einer entsprechenden Resolution des Sicherheitsrats.
Gärtner betont, dass die sexuelle Gewalt an Frauen und Mädchen aber ein spezifischer Teil der Kriegsführung ist und somit Frauen und Mädchen in Kriegen eines besonderen Schutzes bedürfen. Durch eine Kombination aus „Responsibility to Protect“ und der UNSC Resolution 1325 wären sogar militärische Zwangsmaßnahmen der internationalen Gemeinschaft, die Zivilisten - besonders Frauen und Mädchen – schützen, denkbar.
Die auf die Vorträge folgende Diskussion drehte sich um Fragen, die die Rolle der Frau in der heutigen Gesellschaft; die Rolle der Frau in der Außenpolitik – mit einem Fokus auf Österreichs Außenpolitik – betreffen sowie um den Mythos, dass Frauen prinzipiell antimilitaristischer als Männer orientiert seien.
Besonders wichtig ist es den Schutz von Zivilisten, besonders von Frauen und Mädchen, durch internationale Initiativen und UNSC Resolutionen zu sichern und zu verteidigen. Außerdem muss die „Rolle“ der Frauen mit der von Männern gleichgestellt werden und somit die Position der Frau in unserer Gesellschaft gestärkt werden. Sei es die Arbeit in Fabriken, sei es die Kriegsberichterstattung oder es sei an der Front – Fazit ist, dass Frauen im Krieg immer eine wichtige Rolle gehabt haben.