von Lea Boraucke
Anlässlich seines 88. Geburtstages lud das Bruno Kreisky Forum für Internationalen Dialog in Kooperation mit dem International Institute for Peace (IIP) am 23. Mai 2018 zum Gespräch mit Bundesminister a.D. Erwin Lanc ein. Die Moderation des Gesprächs übernahm Sonja Kato-Mailath. Gertraud Auer Borea d’Olmo, Generalsekretärin des Bruno Kreisky Forums, betonte Lanc‘ herausragende politische Tätigkeit für Österreich, insbesondere aber auch für Wien. Stephanie Fenkart, Geschäftsführerin des IIP, hob sein Engagement als Präsident des International Institute for Peace hervor. In diesem Amt hatte sich Erwin Lanc vor allem für die internationale Friedensförderung und einen friedlichen Dialog zwischen Israelis und Palästinensern eingesetzt. Seit 2008 ist Lanc Ehrenpräsident des Instituts.
Der 1930 in Wien geborene Erwin Lanc erlebte eine Kindheit, die vom Nationalsozialismus und vom Zweiten Weltkrieg geprägt war. Er berichtete über Familienzusammenhalt und seine kindlichen Überlebensstrategien während des Krieges. Erwin Lanc betonte, dass die Praktiken des Nationalsozialismus damals bekannt gewesen sind, viele Menschen jedoch ihre Augen davor verschlossen haben. Lanc stellte die Frage, wie Menschen behaupten können, sie hätten nichts davon gewusst, obwohl er selbst als achtjähriger Junge über vieles Bescheid wusste? Hinsichtlich der Reichspogromnacht in Wien seien viele Dinge gegenwärtig in Vergessenheit geraten und nicht an nachkommende Generationen weitergegeben worden. In Anbetracht eines sich in Europa ausbreitenden Rechtspopulismus erläuterte Erwin Lanc seine Einschätzung dieser gesellschaftlichen Entwicklungen. Er betonte die Bedeutung eines zwischenmenschlichen Dialogs für Demokratien. Es müsse insbesondere mit Menschen, welche die Ansichten des Rechtspopulismus vertreten, das Gespräch gesucht werden. Lanc bekräftigte, dass die fremdenfeindlichen Einstellungen der Gegenwart nicht neu sind. Er verglich die Flüchtlingsthematik der Gegenwart mit der polnischen Migrationswelle der Achtzigerjahre nach Wien. Damals herrschten in Teilen der Bevölkerung, Fremden gegenüber die gleichen Ängste und Unsicherheiten wie heute. Ein Meinungsaustausch sei notwendig, um Ängste und Sorgen abzubauen, die oftmals aus Unwissenheit resultieren.
Lanc betonte die Wichtigkeit eines gemeinsamen Gesprächs, um gleichfalls auf andere Meinungen, die nicht dem eigenen Weltbild entsprechen, einzugehen. Das Ignorieren des Rechtspopulismus sowie dieser Meinungen in der Bevölkerung würde zu keiner Lösung beitragen. Erwin Lanc plädierte dafür, sich selbst umfassend über politische Zusammenhänge zu informieren und nicht einfach vorgefertigte Meinungen zu übernehmen. Bezüglich seiner eigenen politischen Laufbahn bekräftigte Lanc, dass Politiker Entscheidungen zu treffen haben, die sie selbst auch persönlich vertreten können. Er appellierte für mehr politisches Engagement, insbesondere von Seiten der jüngeren Generationen. Lanc selbst trat mit 16 Jahren in die Sozialistische Jugend ein und ist seitdem bekennender Sozialdemokrat. Nur soziales Engagement könne Volksparteien wie die SPÖ vor dem Verlust weiterer Wähler bewahren und dem Erstarken des Rechtspopulismus entgegenwirken.